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29. Juni 2022

ECSP – das bringt die neue EU-Verordnung für Crowdfunding

Die neue ECSP-Verordnung soll Crowdfunding innerhalb der Europäischen Union vereinfachen. Doch die nationale Umsetzung in Deutschland legt der Branche Steine in den Weg.

Was ist die ECSP-Verordnung?

Am 10. November 2021 trat die EU-Verordnung 2020/1503 in Kraft. Die „European Crowdfunding Service Provider“-Verordnung (ECSP-VO) schafft einen Rechtsrahmen für europaweite Crowdfunding-Aktivitäten und erhöht die Sicherheit für Anleger. Ziel der EU ist es, die ins Stocken geratenen Finanzierungen durch klassische Kreditgeber wie Banken und Sparkassen, die seit der Finanzkrise 2008 erhöhtes Eigenkapital zurückhalten müssen, durch alternative Kapitalströme aus dem Crowdfunding zu ergänzen.

Was bedeutet die ECSP-VO für das Crowdinvesting?

Die Verordnung erlaubt Crowdfunding-Plattformen, schwarmfinanzierte Kapitalanlagen europaweit anzubieten. So können EU-Bürger grenzübergreifend in Crowd-Projekte investieren und Unternehmen Kredite im Gesamtwert von bis zu fünf Millionen Euro emittieren. Dazu zählen vorrangig bediente Darlehen, die meist durch „Fronting-Bank-Modelle“ gestartet werden. Hierbei wird ein Kredit durch eine Bank zusammen mit einem Crowdfunding-Dienstleister emittiert und an die Crowd abgetreten. Bemerkenswert ist allerdings, dass nun auch Crowdlending ganz ohne Partnerbank möglich wird. Das ging in Deutschland bisher nicht. Ebenfalls in Deutschland beliebt ist die Crowdfinanzierung mittels qualifiziert nachrangiger Darlehen, die allerdings nicht unbedingt rückzahlbar an den Crowdinvestor sind und deswegen nicht in der ECSP-VO erfasst sind. Für sie gilt nach wie vor nationales Recht.

Emittenten müssen nun auch besser aufklären und zu Crowd-Krediten ein Anlagebasisinformationsblatt bereitstellen (auch „Key Investment Information Sheet“ genannt), das Anleger umfassend über das potenzielle Investment und die damit verbundenen Risiken informiert. Die Verordnung erhöht außerdem die Anforderungen an die Crowd-Plattformen: Sie müssen „nicht kundige Anleger*innen“ durch Abfragen ihrer Kenntnisse ermitteln und darüber in Kenntnis setzen, dass die potenzielle Anlage womöglich ungeeignet für sie ist. So weit, so anlegerfreundlich.

Stand der Dinge und Hürden in Deutschland

Aktuell befinden wir uns noch in der Übergangsphase der Verordnung, was bedeutet, dass die Crowdinvesting-Plattformen die neue Verordnung theoretisch schon anwenden könnten, es aber noch nicht müssen. Erst ab dem 10. November 2022 soll die Verordnung für alle Emittenten und Plattformen Pflicht werden. Bis dahin gilt es für die EU-Länder, die entsprechenden Bedingungen aufzusetzen, damit die ECSP-VO auch national umgesetzt werden kann.

In Deutschland ist dies im Frühjahr 2021 durch das Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz geschehen, das noch von der Großen Koalition ausgearbeitet und verabschiedet wurde. Trotz des dadurch geschaffenen legislativen Rahmens ist es aber noch nicht möglich, eine entsprechende Lizenz bei den Behörden zu beantragen. Somit ist es in Deutschland auch nicht möglich, der November-Frist zu entsprechen. Da es Frankreich genauso ergeht, empfahl die europäische Finanzaufsicht ESMA, die Übergangsperiode zu verlängern. Doch auch darüber hinaus erntet das Gesetz heftige Kritik aus der Crowdinvesting-Branche, zahlreiche deutsche Plattformen kündigten bereits an, sich so umstrukturieren zu wollen, dass sie nicht von der ECSP-VO betroffen wären, dann allerdings auch keinen Zugang mehr zum europäischen Markt hätten.

Denn das Begleitgesetz sieht vor, dass Geschäftsführer, Vorstände und jeder, der bei der Erstellung von Angebotsunterlagen für Crowd-Anlagen mitwirkt, mit persönlichem Vermögen für einfache Fahrlässigkeit haftbar gemacht werden kann. Diese Art der persönlichen Haftung ist unüblich auf dem Finanzmarkt: Eigentlich sieht das Kapitalmarktrecht vor, dass bei Fahrlässigkeit juristische Personen beziehungsweise Unternehmen haften. Die Folgen sind weitreichend. Der Bundesverband Crowdfunding erwartet, „dass kaum Plattformen unter diesem regulatorischen Rahmen in Deutschland vermitteln werden“. Die Verordnung, die Crowdfunding in der EU vereinheitlichen und ankurbeln sollte, wird im deutschen Recht wieder ausgebremst. Deswegen wendet sich die Branche aktuell an die neue Regierung, um das Begleitgesetz bis zum Herbst so anzupassen, dass sich deutsche Plattformen nicht aus dem Crowdinvesting-Markt verabschieden.